Wer geglaubt hat, die Zunft der neoliberalen Meinungsmacher hätte auch nur klitzekleine Lehren aus der fortwährenden Eurokrise gezogen, musste sich in den letzten Tagen wohl von der düsteren Realität eines Besseren belehren lassen. In einem sorgsam choreographierten Tremolo prasselte am Wochenende ein ganzer Gewitterregen mit neoliberalen Forderungen auf uns ein: Erhöhung des Renteneintrittsalters, Kombilöhne, Lockerung des Kündigungsschutzes, Aushöhlung der Renten- und Krankenversicherung und die Stärkung des Niedriglohnsektors.
Die alten, bösen Lieder wurden nicht zu Grabe getragen, sondern erfreuen sich pünktlich zu Beginn des Wahlkampfs größter Vitalität. Und ihre Interpreten sind die altbekannten: Sowohl die Bertelsmann-Stiftung, das Institut zur Zukunft der Arbeit, das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut und die Initiative Neue Soziale Markwirtschaft stehen bereits mit frischen „Studien“ in den Startlöchern. Von Jens Berger
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Das Lied vom zu niedrigen Renteneintrittsalter
Es ist, als befände man sich in einer Zeitschleife. Die Bertelsmann-Stiftung prophezeit in einer aktuellen Studie die „Kernschmelze“ des Rentensystems und empfiehlt der Politik, das Renteneintrittsalter auf mindestens 69 Jahre zu erhöhen. Ins gleiche Horn blies am Wochenende Bernd Zimmermann vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), der die Rente mit 70 für „unabdingbar“ hält. Man fühlt sich, als sei man in einer Zeitschleife gefangen, in der mit immer den gleichen, falschen Argumenten immer absurdere „Reformen“ gefordert werden. Weiterlesen