Notwendig ist die Umstellung von der seit 1989 neu geschaffenen Konfrontation hin zur europäischen Friedensordnung

Und dann kam alles anders. Das angesammelte Kapital wurde verspielt und der Kalte Krieg neu belebt. Die Welt wurde wieder aufgeteilt in zwei Blöcke: wir hier im Westen sind die Guten, und dort jenseits einer nach Osten verlegten Blockgrenze sind die Russen, die Bösen. Und für sie gilt das alte Feindbild. Ich erinnere wieder einmal an das bekannte Plakat, so verwendet von CDU, CSU in den fünfziger Jahren und später von der NPD.

Mit etwas verwandeltem Text könnte es heute wieder verwandt werden. Jedenfalls wird der Geist dieser Agitation in der überwiegenden Mehrheit der deutschen Medien bei Berichterstattung und Kommentierung des Konflikts um die Ukraine deutlich wieder belebt. Die Foren vieler Medien zeigen allerdings auch, dass es unter uns Deutschen viele Menschen gibt, die von der Wiederbelebung der Konfrontation nichts halten. In diesem Kontext eindrucksvoll waren zum Beispiel die Äußerungen von Hörern in der Sendung „Kontrovers“ des Deutschlandfunks vom 3. März. Aber diese erfreulichen Nebenerscheinungen können nicht darüber hinwegtäuschen:

Wir sind wieder am Anfang. Die Konfrontation in der Ukraine und um die Ukraine und der Umgang mit „den Russen“ zeigen: Es ist wie vor 50 Jahren. Wir brauchen eine neue Entspannungspolitik. Notwendig sind vertrauensbildende Maßnahmen wie damals in den Sechzigern und Siebzigern, Gewaltverzicht und auch der Verzicht auf die De-Stabilisierung des Partners sind wichtige Elemente. Die Brandt+Bahr-Erkenntnis „Wandel durch Annäherung“ gilt neu. Wer eine Verbesserung der politischen Verhältnisse einschließlich demokratischer Regeln und die Wahrung von Menschenrechten erreichen will, wird das jedenfalls nicht mit Konfrontation schaffen. Und keinesfalls mit der unberechtigten Arroganz der Trennung in die Guten im Westen und die Bösen im Osten.

Wir sind wieder ganz am Anfang und die Bedingungen für einen neuen Versuch zum Abbau der Konfrontation sind kaum besser als in den fünfziger Jahren: Vertrauen ist verspielt. Und der Westen ist über weite Strecken ent-demokratisiert. Wer über wirtschaftliche und mediale Macht verfügt, hat dort das Sagen.

Das Vertrauen wurde gründlich verspielt

Versetzen Sie sich in die Lage der Russen und der russischen Führung: Gorbatschow hat die Hoffnung genährt, dass es eine wirkliche Partnerschaft in Europa geben könne und dass Russland zu Europa gehöre. Aus der Sicht vieler Russen war auch damit die Aufgabe der Sowjetunion gerechtfertigt. Sie haben dann erlebt, wie ihr Land in Zeiten von Präsident Jelzin von westlichen großen Interessen und eigenen Oligarchen geplündert wurde und dann haben sie erlebt, wie die NATO anders als der Warschauer Pakt nicht aufgelöst wurde, und stattdessen an die russischen Grenzen heranrückte. Am Beispiel Deutschlands konnten sie dann noch im Detail erfahren, wie der von der Verfassung vorgegebene Auftrag für das Militär und das Bündnis als Einrichtung zur Verteidigung umgewidmet wird in eine Einrichtung zur militärischen Intervention außerhalb des NATO Territoriums.
Die Russen haben erlebt, wie die USA mit Unterstützung der NATO neue Raketenstationen in osteuropäischen Ländern errichtet haben – angeblich gegen Iran gerichtet. D.h. zur faktischen Konfrontation kommt auch noch die Verhöhnung des neuen Gegners als einfältig hinzu.
Die Russen haben dann am Beispiel der Ukraine erlebt, wie der Westen mit solchen Staaten und ihren zumindest formal demokratisch gewählten Regierungen umgeht, wenn dem Westen die Richtung nicht passt. Hier Beispiele für eine Kette von Provokationen:

  • Die für die Ukraine zuständige Vertreterin der amerikanischen Regierung Nuland und der US Botschafter in der Ukraine lassen in einem Telefongespräch freimütig erkennen, dass und wie sie über das politische Personal eines fremden Landes, im konkreten Fall der Ukraine, denken und disponieren.
  • Die größte Regierungspartei der Bundesrepublik Deutschland guckt sich den ihr genehmen politischen Führer für das fremde Land, nämlich den Boxer Klitschko aus, und fördert diesen über ihre politische Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung.
  • Die USA fördern mit Millionen den Aufbau von NGO’s in der Ukraine und vermutlich auch der rechtsradikalen Schlägertrupps.
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